Schauplatz ist die Küche eines schwedischen Gutshofs in der
Mittsommernacht. Julie, die während der Abwesenheit ihres Vaters mit dem
Gesinde feiert, widmet in herausfordernder Weise ihre besondere
Aufmerksamkeit Jean, dem Diener ihres Vaters. Er nimmt sie nicht ernst, denn
jeder auf dem Hof weiß, daß sie sich einmal zu herrisch und hochmütig, ein
andermal zu wenig stolz verhält. Wenn er ihre Vertraulichkeit mit dem
Hinweis auf das Gerede der Leute zurückweist, dann aus einem gewissen
Klassenbewußtsein: Er ist sich zu gut dafür, ihr Spielkamerad zu sein. Als
die singenden und tanzenden Bauersleute sich der Küche nähern, zieht er sie
in sein Zimmer, vorgeblich um sie vor den Verdächtigungen des Gesindes zu
bewahren, da sie, die Herrin, allein mit dem Knecht zusammensitzt. Am
nächsten Morgen ist die erregende Atmosphäre der Mittsommernacht
abgeklungen, Julie und Jean stehen sich ernüchtert gegenüber. Sie erkennt,
daß sie tatsächlich nichts miteinander verbindet; er reagiert brutal, gibt
ihr zu erkennen, daß eine Grafentochter, die sich unstandesgemäß verhält,
eine Mesalliance für ihn sei, erklärt sich aber schließlich bereit, mit ihr
zu fliehen, wenn sie ihrem Vater das nötige Geld stiehlt. Doch als der
zurückgekehrte Graf nach Jean ruft, ist der sofort wieder ganz devoter, wenn
auch sehr standesbewußter Diener seines Herrn. Der sich willenlos seiner
Entscheidung ausliefernden Julie vermag er als einzigen Ausweg sein
Rasiermesser in die Hand zu geben, mit dem sie die Küche verläßt.
S.s Hauptthemen, der Kampf zwischen den Geschlechtern und
der tief erfahrene gesellschaftliche Klassenunterschied tragen das Drama.
Jean als potentieller Aufsteiger lebt seine Ambivalenz zwischen aggressivem
Minderwertigkeitskomplex und standesbewußtem Selbstwertgefühl voll aus. Die
ganze ressentimentbeladene Verachtung, die S. der aristokratischen
Gesellschaft entgegenbrachte, klingt an, wenn Jean Julie in ihre Schranken
verweist: "Wenn die Herrschaften sich gemein machen, werden sie gemein."